New CHEMS President - Neuer Präsident der KMHS

Stephan Schmidt, Direktor der Musikhochschulen FHNW und der Musik-Akademie Basel sowie international renommierter Gitarrist, ist seit Jahresbeginn der neue Präsident der KMHS.

Stephan Schmidt, Director of the Musik-Akademie Basel and the Musikhochschulen FHNW (University of Applied Sciences Northwestern Switzerland), as well as an internationally renowned guitarist, has been the new President of CHEMS since the beginning of the year.

Like his predecessors, he, in turn, wishes to make the voice of our country's music academies heard on issues of particular importance, from the implementation of Article 67a of the Swiss Constitution (which has not yet had the desired effect) to questions relating to the international professional environment and the Law on the Promotion and Coordination of Universities (LEHE). He sees a great challenge in the weight and role that music schools and universities will have in society in the future, especially as they remain largely underestimated both in society and in the cultural industry. In view of what is currently happening in the USA, the question also arises as to whether CHEMS should take a political stance, in any form whatsoever.

Stephan Schmidt believes that music has a role to play in (non-political) social policy, insofar as it contributes to a better understanding of ourselves as cultural beings. We must therefore also aim for a respectful and responsible use of music, in order to lay the foundations for a future of spiritual and cultural development - and as a specialized conference, CHEMS can act as a spokesperson for this in the field of professional training. As a concert guitarist himself, Stephan Schmidt describes how difficult it can be to juggle his dual role as director with his work as a soloist. Both activities fill him with joy, but also demand that they be carried out with the highest degree of quality and responsibility. It's a problem faced by many musicians who teach, plan, have children and wish to carry out genuine artistic work. In the end, however, we must recognize the privilege of working for and through one's passion.

In conclusion, Stephan Schmidt expresses the hope that CHEMS will be listened to, and its reflections taken seriously, and that the various players and institutions in the musical landscape will draw closer together, express their interests more clearly and learn to defend them more effectively at political level. There are still too few who see the immeasurable enrichment that beautiful music can bring to life.

Matthias von Orelli - Die Musikhochschulen in der Schweiz stehen vor grossen Herausforderungen. Die KMHS gibt den einzelnen Hochschulen eine Stimme in die Gesellschaft, in die Politik und in die Musikszene. Stephan Schmidt äussert sich zu seinen Zielen und Vorstellungen als KMHS-Präsident und sagt, welchen Stellenwert die Musik in politischen Fragen haben kann.

Stephan Schmidt, You are the new President of the KMHS (Konferenz der Musikhochschulen Schweiz). Welche Schwerpunkte möchten Sie in dieser Funktion setzen?

Die Präsidentschaft der KMHS ist keine amtliche Funktion, sondern ein zeitlich begrenztes Mandat zur Vertretung der schweizerischen Musikhochschulen. Insofern werde ich wie meine Vorgänger jenen Themen eine Stimme nach aussen geben, zu denen die Musikhochschulen gehört werden müssen oder gehört werden sollten. Schwerpunkte entwickeln sich also entlang der Themen, welche die Musik allgemein und die Ausbildung an Musikhochschulen im Besonderen betreffen:

Die Umsetzung des Verfassungsartikels 67a zum Beispiel hat bis jetzt in wesentlichen Punkten nicht die erhoffte Dynamik gebracht, sondern benötigt aus unserer Sicht vor allem bei der Studienvorbereitung (PreColleges) weitere Anstrengung und Verbesserungen.

Ausserdem müssen wir Politik und Gesellschaft mehr und besser über die Realitäten des Berufsfeldes Musik aufklären: das notwendigerweise international ausgerichtete Ausbildungsprofil, die künstlerischen und pädagogischen Qualitätsansprüche, die alltägliche Kombination der unterschiedlichen Arbeits- und Tätigkeitsfelder als Künstler, Künstlerinnen, Pädagogen und Pädagoginnen, als Angestellte, Freischaffende, selbständig Erwerbende, unbezahlt Übende...

Die letzten Jahre waren durch umwälzende Veränderungen in der Hochschullandschaft geprägt. Die letzte grosse Neuerung brachte das Hochschulförderungs- und Koordinationsgesetz HFKG, welches seit 1. Januar 2015 gilt und für Universitäten, Pädagogische Hochschulen und Fachhochschulen (mit Musik) einen einheitlichen gesetzlichen Hochschulraum geschaffen hat. Es gilt nun in diesem Zusammenhang zu klären, welche Mitsprache die Fachkonferenz KMHS der Musikhochschulen erhalten wird bzw. erreichen kann.

Wie beurteilen Sie die Musikhochschullandschaft der Schweiz im Moment?

Diese hat sich zwar seit den Zeiten der Konservatorien strukturell radikal verändert, ist heute aber eigentlich sehr gut aufgestellt. Die vergangenen Jahre im Fachhochschulkontext haben für uns neben einigen nicht so ganz einfach zu bewältigenden Aspekten, wie z.B. die vielen Reorganisationen bei den Ausbildungen sowie bei den Finanz- und Organisationsstrukturen, auch sehr viele positive Dinge gebracht: die Forschung und Reflexion haben auf allen Ebenen viel Dynamik gebracht, die langfristigen Planungsmechanismen können heute Bedürfnisse der Musikausbildungen durchaus besser aufgleisen als zu Zeiten der Konservatorien....

Welches sind Ihrer Meinung nach die grossen Herausforderungen für die Musikhochschulen der Schweiz, und welche Rolle spielt dabei die KMHS?

Es wird in den kommenden Jahren entscheidend sein, welche Bedeutung und Rolle man dem Musizieren, der Musikbildung und -ausbildung, also den Musikschulen und den Musikhochschulen im gesellschaftlichen Umfeld zugestehen wird. Wir sind überzeugt, dass eben diese Rolle und Bedeutung, sei es in der Gesellschaft, sei es in der Kulturindustrie, weiterhin stark unterschätzt wird. Die Musikhochschulen müssen dabei ihren Beitrag leisten, und die KMHS kann dafür ein Sprachrohr sein. Finanzierungsfragen stehen dabei oft im Vordergrund, doch geht es ja nicht nur um Fragen von Geldmengen, sondern zuvorderst geht es darum, die Bedeutung und Wertschätzung, die unserer Arbeit und unserem Bedarf zugestanden werden, klar zu machen. Da hat es die Musik - trotz Verfassungsartikel - in letzter Zeit nicht immer leicht. Wir werden zwar nicht müde, die Bedeutung von Musik und musikalischer Arbeit zu betonen, aber dabei ist es nicht nur meine durchaus subjektive Beobachtung, dass das Verständnis für Musik schon bessere Zeiten gesehen hat.

Bei den kommenden Veränderungen jedenfalls werden Vereine, Verbände, Musikschulen und Musikhochschulen gemeinsam alle Hände voll zu tun haben, um die Notwendigkeit und Effizienz ihrer Arbeit der breiten Gesellschaft klarer zu machen. Veränderungen sollten wir aufgeschlossen gegenüberstehen, damit Transformation und nicht Abbau und Zerschlagung den Umgang mit Musik prägen wird.

Der Musikerberuf ist jedenfalls weiterhin ein wertvolles und ein zukunftsträchtiges Modell, wenn wir uns darauf einstellen, die Voraussetzungen zu verbessern, damit er inspiriert gelebt, klug organisiert und solide finanziert werden kann. Was es dafür braucht, ist oft den Musikerinnen und Musikern selbst nicht klar und der Gesellschaft oft noch viel weniger. Wer weiss schon, was man als Musikerin und Musiker oft gleichzeitig macht: Üben, Unterrichten, Konzertieren solo, Kammermusik, Ensemble, Orchester, Oper etc., organisieren, lobbyieren, nachdenken, suchen, forschen, schreiben... meist gleichzeitig als Angestellte, Freischaffende, selbständig Erwerbende, unbezahlt Übende...

Ein schwerer, aber auch ein phantastischer, erfüllender Beruf, der grosse Zufriedenheit und Selbsterfüllung bringen kann, wenn man ihn richtig organisieren lernt und die richtigen Bedingungen findet oder schafft.

Die Welt scheint im Moment politisch aus den Fugen geraten zu sein. Der neue amerikanische Präsident tritt Menschen- und Freiheitsrechte bedenkenlos mit den Füssen. Was löst dies bei Ihnen aus?

Es ist nicht an mir, mich hier politisch zu äussern. Gleichwohl hoffe ich auf ein funktionierendes Gleichgewicht der staatlichen Kräfte. Die Gewaltenteilung unserer Zeit jedenfalls wurde hart erkämpft und ist ein hohes Gut, das sich auch in Zukunft immer wieder in seiner Stabilität wird beweisen müssen. Zur heutigen Musik und zum Musikschaffen gehört auch eine gewisse Unabhängigkeit der Musikerinnen und Musiker, die für ein Weltbild, das auf der Pflege grundlegender Menschen- und Freiheitsrechte aufbaut, einstehen. Das war nicht immer so möglich. Musikerinnen und Musiker waren und sind auch nicht per se frei von moralischen Konflikten oder gar Verfehlungen. Das gleiche gilt für die Welt, die - wie Sie sagen - aus den Fugen zu geraten scheint.

Soll sich die Kultur, insbesondere die Musik, in politische Diskussionen einmischen?

Das soll die Musik, aber nicht parteipolitisch, sondern gesellschaftspolitisch. Musik zu machen und Musik zu schaffen gehört zum Selbstverständnis unserer kulturellen menschlichen Existenz. Wir haben einen unermesslichen musikalischen Reichtum, der uns umgibt, und es liegt an uns, ihn nicht nur sinnvoll zu bewahren, sondern weiter zu erschliessen, immer wieder aufs Neue hör- und erlebbar und vor allem all jenen zugänglich zu machen, die keinen Zugang haben oder nicht gelernt haben, ihn wahrzunehmen. Das ist Politik.

Musik wurde gelegentlich ja auch missbraucht, hat auch selbst Missbrauch bewusst mitgetragen. Musik ist also nicht per se gut. Es gibt jedoch gute und schlechte Musik, und man kann gut oder fahrlässig damit umgehen, man kann sie gar manipulierend einsetzen oder sie zur Ausbildung mit Liebe und Respekt einsetzen. Es liegt an jedem einzelnen von uns, den richtigen Weg nicht nur zu finden, sondern in eine Zukunft zu schauen, die uns Zuversicht und geistig-kulturelle Weiterentwicklung ermöglicht.

Und was kann eine KMHS da bewirken?

Die KMHS ist dafür eine Fachkonferenz, ein wichtiges Sprachrohr im Bereich der Berufsausbildung, nicht mehr und nicht weniger.

Sie sind selber ein international renommierter Gitarrist. Wie bringen Sie die Tätigkeiten eines ausübenden Musikers und Direktor einer Musikhochschule unter einen Hut?

Gar nicht. Das eine konkurriert das andere, und es ist ein täglich neu zerreissender Wettkampf um Lebenszeit. Jede Tätigkeit hat ihren nicht verhandelbaren Anspruch in Bezug auf Qualität, und zuvorderst steht eben momentan meine Verantwortung für diese wunderbare Institution Musikhochschulen FHNW/Musik-Akademie Basel mit ihren ca. 560 Mitarbeitenden und ihrem Auftrag sowie für meine Familie.

Da muss mein solistisches Auftreten oft zurückgestellt werden, wenngleich es mich gelegentlich fast verreisst. Dieses Problem ist aber eines, das alle kennen, die unterrichten, organisieren, Kinder haben und künstlerisch authentisch arbeiten wollen. Es ist und bleibt eine unstillbare Unruhe, und diese wird niemals ausbalanciert werden können. Es ist aber auch gut so, kaum anders machbar. Es ist zudem ein Privileg, aus Leidenschaft arbeiten zu dürfen.

Was ist Ihr Wunsch für die nahe Zukunft der KMHS?

Dass man uns zuhört und unsere Überlegungen ernst nimmt. Ausserdem wünsche ich mir, dass die verschiedenen Akteure/Institutionen in der Musiklandschaft insgesamt näher zusammenrücken, ihre Interessen deutlicher formulieren und politisch besser vertreten lernen.

Wir mussten lernen, uns an vieles in dem sich rasant verändernden Umfeld anzupassen, dabei sehen leider immer noch viele kaum, wie gute Musik ihr Leben unermesslich bereichern könnte.

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